Astrid-Jansen-Tasche-Pyramide-VIII

Was haben Schuhe, Fahrradschläuche, Sicherheitsgurte und Schwimmflügel eigentlich gemeinsam?
Richtig! Man kann Taschen daraus machen.
Handtaschen, Sporttaschen, Reisetaschen, Fototaschen, Rucksäcke oder Schuhbeutel …
Ein deales Spielfeld für modelustige Träger wie gestaltungswütige Designer, denn
Taschen dürften wohl eine der wenigen modischen Accessoires sein, bei welchen sich der Drang nach stylischer Entfaltung nahezu hemmungslos austoben lässt und die Grenzen des Tragbaren auch mal getrost überschritten werden dürfen.
In der Werkstatt von Astrid Jansen, Taschendesignerin aus Hildesheim,  entstehen ausgefallene Kreationen, die auch im Hinblick auf Tragbarkeit, Einsatzmöglichkeit und Funktionalität keine Wünsche offen lassen.

Astrid-Jansen-Werkstatt-Taschenmanufakatur-II

Von Schwimmflügeln im Garten und Schuhsohlen in Taschen
Üblicherweise lösen Taschen bei mir eher keine Begeisterungsstürme aus – Hauptsache es lässt sich das Nötigste darin verstauen und sieht dabei noch halbwegs nett aus.
Aber jetzt ist das anders.
Ein Freund erzählte mir neulich, dass im Nachbargarten ein Berg von Schwimmflügeln auf seine Weiterverarbeitung zu Sporttaschen warte, was ich so reizvoll fand, dass ich etwas über den kreativen Geist dahinter erfahren wollte. Und so lernte ich Astrid Jansen kennen.

Astrid-Jansen-Tasche-Schwimmflügel-I
Astrid-Jansen-Tasche-Schwimmflügel-II

Seit fast zwanzig Jahren fertigt sie Taschen in jedweder Form und Couleur. Dafür zweckentfremdet sie nicht nur Schwimmflügel, sondern alle möglichen Materialien. Sogar die festen Schläuche von Traktorreifen wurden von ihr zu Tragebehältnissen umgestaltet.

Günther (2)
Foto: Michael Jörns, Hildesheim

In Ihrer Wohnung, mit Werkstatt und kleinem Showroom, fällt mein Blick auf  eine  goldfarbene Clutch. Vergebens suche ich nun auch hier nach Reifenprofil oder Ventil.
„Die ist aus Leder und ganz schlicht-elegant. Der Clou ist, sie kippt so schnell nicht um …“, erklärt mir Astrid Jansen und zeigt auf die Unterseite des Täschchens: Viele goldfarbene Sicherheitsnadeln sorgen Standfestigkeit.
Umfallsicher sind auch die Taschen, die sie um Schuhsohlen herumgearbeitet hat.

Astrid-Jansen-Tasche-Clutch-II

Astrid-Jansen-Tasche-Schuh-I

Astrid-Jansen-Tasche-Schuh-III

„Upcycling“ – mehr als eine Modeerscheinung …
„Im Prinzip hat jeder Ausgangsstoff das Zeugs dazu eine Tasche zu werden, wenn es ausreichend reißfest ist oder mit stabilerem Trägermaterial unterlegt werden kann“, erzählt die  Designerin, die sich sogar beim Besuch  in Baumärkten, Fahrradläden oder auf Schrottplätzen zu neuen Kreationen inspirieren lässt.
„Upcycling“ nennt man es, wenn fehlerhafte Produkte – sogenannte „B-Ware“, die für den Verkauf ungeeignet ist – mittels Umarbeitung einer neuen Bestimmung zugeführt werden.

„Vieles davon wird einfach entsorgt, ohne dass das intakte Material genutzt wurde. Durch die Aufwertung bleiben Ressourcen erhalten und erfüllen einen neuen Zweck.“

Was so technisch klingt liefert  bei Astrid Jansen die schöpferische Grundlage für kleine Kunstwerke, wie etwa die filigrane schwarze Handtasche, für deren Fertigung sie Fahrradschläuche zerschnitten und zu kleinen Rosetten geformt hat, die in der Mitte wirkungsvoll mit M3-Gewinden zusammengehalten werden.

Astrid-Jansen-Tasche-Fahrradschlauch-II

Bei Astrid Jansen  kommt ausschließlich auf natürlichem Wege gegerbtes Leder zum Einsatz. Interessant ist, dass gleiches Leder durch unterschiedliche Zutaten in der  Gerberei  gänzlich verschiedene Ergebnisse in  Optik und Griff hervorbringt. So fühlt sich in Rhabarberwurzel gegerbtes Leder zarter an und ist heller als solches, das etwa in Eichenrinde aufbereitet wurde und durch  jahrelange „Reifung“  in Holzfässern deutlich dunkler ausfällt.
Auch zur Verzierung von Taschen verwendet sie gerne Naturmaterialien, wie etwa polierte Kerne von Oliven, Aprikosen und Pfirsichen.  Auch getrocknete Eukalyptusfrüchte, die sogar nach zwanzig Jahren nichts von ihrem Duft eingebüßt haben, komplettieren als Troddeln oder Knöpfe das fertige Stück.

Astrid-Jansen-Tasche-Zubehör-III

Astrid-Jansen-Tasche-Zubehör

„Im Handarbeiten war ich mal eine echte Niete“
Der Gedanke etwas mit Mode zu machen, lag Astrid Jansen zunächst fern, war ganz weit weg. Stoffe, Garne, Nadeln und Nähmaschinen, das war nichts für sie. Dann doch eher was Technisches und so absolvierte sie erstmal eine Ausbildung zur Nachrichtentechnikerin.
Erst Jahre später, eher aus der Not eine Tugend machend, touchierte sie das Modebusiness, als sie für ihre damals vierjährige Tochter eine unkaputtbare Latzhose aus derbem Leder als Spielhose suchte und im Handel nichts Entsprechendes fand. Also kaufte sie festes Leder und nähte nach weitem Schnitt eine Latzhose, die mit ihren außen liegenden Nähten zum absoluten Hingucker wurde. Die Spielhose sprach sich rum und plötzlich kamen Anfragen und die ersten Aufträge … und es machte ihr Spaß.

Astrid-Jansen-Werkstatt-Taschenmanufakatur-III
Astrid-Jansen-Werkstatt-Taschenmanufakatur-V
Astrid-Jansen-Werkstatt-Taschenmanufakatur-VI

Das handwerkliche Können kam mit der Routine und dann fluteten neue Ideen fast unaufhörlich ihre Gedanken und es wurde ihr recht bald zu eintönig immer nur Latzhosen zu nähen.
Es folgten Hüte und dann kamen die Taschen.
Sie war Mitte dreißig und alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, als die Autodidaktin mehr wollte und nach Hamburg zog, um ein Aufbaustudium zur Entwurfsdirektrice zu absolvieren. Berufliche Tätigkeiten bei den Hamburger Designern Volker Lang und Jil Sander schlossen sich an.

Schlüsselrose_123
Foto: Michael Jörns, Hildesheim

Astrid-Jansen-Tasche-Pyramide
Astrid-Jansen-Tasche-Clutch-I
Zwischen Kür und Brotjob
Ihre Kreationen haben mittlerweile den regionalen Bekanntheitsgrad verlassen. Das Deutsche Ledermuseum hat kürzlich eine ihrer Taschen für eine Dauerausstellung angekauft.
Auf internationalen Messen und Ausstellungen ist sie auch vertreten und ständig knüpft sie neue Kontakte.
Astrid Jansen zehrt natürlich von dem tollen Feedback ihrer Kunden und freut sich über die Bestätigung die sie darüber erfährt. Aber …

„Das `Abgefahrene´ kommt natürlich gut an, aber von der der bloßen Kür kann ich nicht leben. Das Butter- und Brotgeschäft darf bei aller Liebe zur Idee nicht zu kurz kommen.“

Deswegen fährt sie ergänzend eine kommerzielle Schiene, arbeitet Taschen nach Auftrag oder verbindet das Optische mit viel Sinn für das Nützliche, wie zum Beispiel ihre Pyramidentaschen, die es in mannigfaltigen Farben und Größen gibt und untereinander kombinierbar sind. Das Besondere daran ist, dass sie sich wie russische Matrjoschkas ineinander schachteln oder mittels Haken und Ösen zusammenklicken lassen.
Dazu gibt’s farblich passend Schnullertäschchen und  Brillenetuis.
Astrid-Jansen-Tasche-Pyramide-IX
Astrid-Jansen-Tasche-Pyramide-V
Astrid-Jansen-Tasche-Pyramide-I

Rent a Bag!
Die Taschen sind Unikate und haben natürlich ihren Preis.
Schade, wenn die Tasche dann nur einmalig zur Party oder zum Date ausgeführt wird.
Kein Problem, denn auch hier hat Astrid Jansen eine gute Idee: „Mieten statt kaufen“ heißt ihre Lösung.
Für kleines Geld und ein Sicherheitspfand kann die Tasche tageweise gemietet werden.
Und wer weiß, vielleicht wird aus dem Festtagsflirt mit der Tasche schließlich doch mehr …?


Kontakt
Atelier ASTRID JANSEN
Goethestraße 49
31135 Hildesheim

Tel.: 05121 . 176 31 33

Astrid Jansen-Website

 

Manufaktur Astrid Jansen – wenn Taschen(t)räume wahr werden …

Beitragsnavigation


Ein Gedanke zu „Manufaktur Astrid Jansen – wenn Taschen(t)räume wahr werden …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*